Gespräch mit David Alegret

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Wir sprechen mit David Alegret, einem erfolgreichen und beliebten Tenor aus Barcelona. Er hat gerade an der Hamburgischen Staatsoper die Rolle des Don Narciso , aus Rossinis Oper „Ein Türke in Italien „ gesungen. Erst vor kurzen, hat er den Preis „Enderrock 2014“ als bester Solist in der Kategorie „Klassik“ bekommen.

EPB Hallo David. Wir gratulieren Dir herzlich zu diesem Preis. Ich glaube, du trittst jetzt zu zweiten mal in Hamburg auf. Hattest du schon Gelegenheit die Stadt kennen zu lernen?

DA– Dieses mal hatte ich wenig Zeit. Ich bin aber nicht zum zweiten, sondern zum vierten Mal hier. 2006 habe ich bei der Premiere dieser Produktion von „Il Turco“ gesungen. Da es eine neue Inszenierung war, blieb ich fast zwei Monate in Hamburg und hatte Zeit mir einiges anzusehen. Ich mag Hamburg sehr gerne. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass die Rolle des Don Narciso 2006 eine der ersten großen Sachen war, die ich an einem wichtigen Theater gemacht habe. Später war ich dann 2008 und 2010 wieder hier, um bei dieser Produktion mitzuwirken.

EPB– Gibt es etwas, dass dir an der deutschen Kultur besonders aufgefallen ist?

DA– Sie unterscheidet sich sehr von der Mediterranen. Aber ich mag das sehr gerne: Die Kultur der Kälte und der Ordnung. Auch wenn das utopisch klingt. Man kennt Deutsche, die mindestens so unordentlich oder verrückt sind… Ich habe hier die Zeit meines Lebens verbracht, als ich mich entschlossen habe mit Medizin aufzuhören und Gesang zu studieren. Basel, Wien und später Deutschland war eine schöne Zeit für mich.

Erst hat mir imponiert und dann hat es mich fasziniert.

EPB– Du hast in Basel studiert und trittst sehr viel ausserhalb von Katalonien und Spanien auf. Welche Aspekte meinst du, wären gut zu importieren in Bezug auf das Musikstudium und  den Musikerberuf?

DA– Die Musik spielt schon früh eine wichtige Rolle, von der Kindheit an. Die  Musikhochschulen sind gut organisiert und die Studenten haben dort schon viele Möglichkeiten mit Orchester zu arbeiten.  Eine Sache ist der Professor. Ich bin nach Basel gegangen, weil ich einen Professor gefunden habe, der in Basel war. Das heisst nicht, dass es in Katalonien keine guten Professoren gibt, aber das System muss noch viel besser werden.Wir sind schon auf dem Weg zur Besserung, aber es muss noch einiges passieren. Es ist nicht so einfach…

EPB– Die FIEC -Internacionale Vereinigung katalanischer Entitäten- hat einmal die „7 Schätze der Katalanen in der Welt „ gewählt. Die katalanischen Chöre im Ausland waren einer davon. Die Chöre sind der musikalische und sogar die soziale Grundlage vieler Musiker, sowohl Profis als auch Amateuren. Du hast im Kinderchor gesungen und später im Orfeo Català. Welche sind deine Erlebnisse als Chorsänger?

DA– Es ist ein sehr schönes Erlebnis. Ich habe dort viel gelernt. Es war der Ort wo ich angefangen habe den Gesang zu lieben. Als Kind habe ich schon gerne klassische Musik gehört. Meine Mutter war Musiklehrerin. Jetzt als professioneller Sänger, schätze ich diese Erfahrung sehr und bin dankbar dafür. Man lernt dort zu singen, man lernt Musik aber vor allem ist es eine Erfahrung für das Leben.

EPB– Du hast im „Concert per la llibertat“ im Camp Nou gesungen. Merkst Du, wenn du im Ausland bist, dass es jetzt mehr Interesse an dem Prozess für die Unabhängigkeit Kataloniens gibt?

DA– Es gibt mehr Interesse, weil mehr Informationen ankommen, besonders über die grosse Demonstration vor zwei Jahren und die Menschenkette. Das Problem ist, dass nur ein Teil der Information ankommt. Wie wir alle wissen, ist das was wir gerade erleben das Ergebnis einer historischen Entwicklung die vor Jahrhunderten angefangen hat. Manchmal finden es die Leute etwas komisch. Sie fragen: Wieso möchtest Du dich von Spanien trennen? Gerade Leute wie mich, die wir spanische Familie haben. Ich sage niemals, dass ich mich von Spanien trennen will. Meine Meinung als Katalane ist, dass wir für die Unabhängigkeit kämpfen müssen, es gibt mehrere historische und aktuelle Begebenheiten die uns hierhin geführt haben, aber ich habe auch spanische Wurzeln. Deshalb reden wir nicht von einer schmerzhaften, sondern von einer freundschaftlichen Trennung die viele Beziehungen und Verbindungen aufrechterhalten soll. Wenn man es so erklärt, fangen die Leute an es zu verstehen. Manchmal schicke ich ihnen Videos oder Berichte auf Deutsch oder Französisch.

EPB– Du gibst oft Liederabende, auch mit Liedern katalanischer Komponisten. Auf deiner Webseite können wir „Nicht wandle mein Licht“ von Brahms hören. Außer dem Wiegenlied, kennen viele Leute die Lieder von Brahms und anderen Komponisten nicht. Was könnte man machen um das Kunstlied zu verbreiten?

DA– Das ist eine gute Frage! Es ist nicht einfach, aber man muss etwas tun. Es wird gerade viel für die Oper gemacht, damit man auch die Kinder erreicht, bei uns und in Europa. Aber das Kunstlied ist genauso wichtig , vor allem um die Musik von der Poesie aus zu entdecken.  Beim Lied singen lernt man sehr viel , sogar für die Oper. Ich habe in Basel mit Lied und Oratorien angefangen. Andersrum gibt es auch Sachen aus der Oper die helfen um Lied zu singen. Ich denke, dass man sich um die Diffusion des Liedes, viel mehr kümmern sollte. Man sollte in den Schulen anfangen. Ich finde das Lied kann sehr begeistern, auch junge Menschen. Oft handelt es sich um Volkslieder und Lieder von bekannten Dichtern: Goethe, Heine,… Wenn ich meiner Frau, die aus Deutschland kommt, ein Schubert Lied, die Forelle, vorsinge, erzählt sie mir, dass sie es schon als Kind gesungen hat, beim wandern in den Bergen. Bei uns sollten wir das mehr verbreiten.

EPB– Hast Du Liederabende mit Werken katalanischer Komponisten außerhalb Kataloniens gegeben?

DA– Ja, ich habe einen Liederabend in Basel gegeben und es ist ein weiterer in London geplant, den ich mit dem englischen Pianisten Ian Burnside in einer Konzertreihe geben werde, die er organisiert. Das katalanische Kunstlied kommt sehr gut an. Wir sollten es öfter singen. Wir haben so berühmte Komponisten wie Toldrà und Mompou und unbekanntere wie Serra und Pujol. Es gibt wunderbare Dichter: Maragall, Garcés… Das ist das katalanische Lied und die Leute schätzen es viel mehr als man denkt.

EPB– Welche Projekte hast Du in den nächsten Monaten vor?

DA– Also, als nächstes mache ich „La Santa Espina“. Das ist eine Wiederaufführung einer sogenannten lyrischen Kantate von Enric Morera, der auch viele Lieder geschrieben hat. Man kennt „La Santa Espina“  als Sardana, aber es ist kein eigenständiges Stück , sondern ein Teil dieser Kantate. Damals, als sie uraufgeführt  wurde, war es ein grosser Erfolg und es gab 200 Aufführungen. Stellt dir eine Oper vor, die  gleich nach der Uraufführung 200 Mal gespielt wird. Selbst „La Boheme“ hat das nicht geschafft!

Oft halten wir unsere Musik für minderwertig und denken, dass sie kitschig klingt…. Das ist das Problem. Nein,nein, es ist sehr gute Musik! Wir schätzen sie weniger als die Musik von auswärts.

Ich werde auch Beethovens neunte Sinfonie und die „Vesperae solennes de confessore „von Mozart im „Palau de la Música“ singen. Dann habe ich zwei Rossini Opern – Moses in Ägypten und Wilhelm Tell – an der Welch National Opera. Nächstes Jahr singe ich „Cosi fan tutte“ im Liceu unter der musikalischen Leitung von Josep Pons. Ich singe den Ferrando, die Hauptrolle des Tenors und ich freue mich sehr darauf.

EPB– Vielen Dank für das Gespräch und bis bald, vielleicht irgendwann in der Elbphilharmonie.

DA– Gerne und vielen Dank auch an Dich.

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